Monat: Juli 2008

Noch ist Polen nicht verloren …. denn wir verbringen dort unseren Sommerurlaub

Wir wollen das nördliche Polen entdecken. Damit die Überraschung nicht ganz so heftig ausfällt, haben wir für eine Woche ein Ferienhäuschen an der Ostseeküste gebucht. Dzwirzyno liegt westlich von Kolberg an der Ostseeküste.

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So sehen die Postkarten aus, die es von diesem Ort gibt.

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Und der Strand ist auch wirklich das, was von ihm versprochen wird. Supersauber, nette Wellen, klares Wasser, keine Quallen.

Das Hinterland ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Unser Ferienhaus: einsame Spitze. Aber die Umgebungsarchitektur – unbegreiflich. Da wird die Landschaft erst mit der sozialistischen Urlaubsidylle zugeballert – jetzt geht es mit neureichen Investments weiter. Die Einfallslosigkeit feiert weiter fröhliche Urstände und die Straßen sind fest in der Hand von Kitschbudenbetreibern und faast-food.

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An jedem Haus, jedem Gartenzaun, sogar an geparkten Autos Werbung für „Wolne Pokoje“ (freie Zimmer). Auf diese verheißungsvollen Offerten vertrauend, haben wir uns heute weiter nach Osten durch die Alleen geschaukelt, ab und zu mal in Urlauberstaus versinkend.

Doch in Rowy kam die Ernüchterung: Wolne Pokoje gibt es nur auf den zahllosen Werbeschildern. In Wirklichkeit ist alles gnadenlos ausgebucht. Man ist einfach zu faul oder nicht schnell genug, was das Entfernen der trügerischen Werbung betrifft. Da wir hier in der Gegend vor allem riesige Sanddünen besichtigen wollen, dachten wir der Rückzug ins Hinterland weg von der Küste hilft. Aber dort lassen Verfügbarkeit und Qualität der Quartiere schlagartig nach. So haben wir uns denn auf die Empfehlung des Reiseführers verlassen und uns in ein nicht sehr preiswertes Schlosshotel einquartiert.

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Was sonst noch so passierte: wir waren vor einigen Tagen nachts um drei mal kurz im Krankenhaus, weil Claudia die heftigen Schmerzen, die sich plötzlich im linken Oberarm und im Brustkorb einstellten nach meiner amateurhaften Diagnose („… könnte vom vielen Lesen kommen, oder Vorboten eines Herzinfarktes nach abruptem Stressabriss sein …“) nicht unbehandelt lassen wollte. Auch mir war recht mulmig zumute. Aber alles blinder Alarm und eine hämisch grinsende Nachtmannschaft. Simon, dem wir einen Zettel geschrieben hatten, hat die ganze Aufregung in seinem tiefen Schlaf nicht mitbekommen. Als wir wieder da waren, das war so gegen 06.00 h, schlief er noch immer.

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Simon hat allen seinen Mut zusammengenommen und ist mit Papa eine nicht sehr vertrauenserweckende Achterbahn gefahren. Die „Wilde Maus“ hätte in Deutschland den TÜV wahrscheinlich nicht mal mehr aus 100 m Entfernung passiert, wie mir hinterher so durch den Kopf ging. Simon ist ein paar Runden zweifelnd und mit sich ringend um das Teil herumgeschlichen. Aber die Mutprobe wurde gut belohnt: mit einem Lenkdrachen.

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Den haben wir in Kolberg gekauft. Kolberg ist deprimierend. Außer der alten Stadtkirche, die, nachdem sie im Krieg offenbar ein beliebtes Ziel der Artillerie gewesen ist, mühsam wieder aufgebaut wurde, steht fast keine Altbausubstanz mehr. Das eigentlich deprimierende ist jedoch das Bewusstsein, dass wir das unseren Vorfahren zu verdanken haben, von denen einige das zerstörte Kolberg am liebsten immer noch als das ihrige betrachten wollen.

Wittenberge

In Wittenberge kämpfen Künstler und Soziologen – temporär zugezogen, vor allem aus Berlin – um eine Erklärung dafür, warum die Stadt seit der Wende die Hälfte ihrer Einwohner verloren hat. Noch schwieriger zu finden ist eine Empfehlung, was man mit den entstandenen Lücken zukünftig machen soll. Bilder, an die wir uns gewöhnen müssen. Sollten wir nicht mal bei unserer lieben chinesischen Freunden um ein paar dauerhafte Zuzieher ersuchen?

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Mut zur Lücke, Baulücken zu Parkplätzen – aber wo bleiben die Autos?

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Auch diese Straße der Besten auf dem Gelände der alten Nähmaschinenfabrik führt im Kreis.

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Im Bahnhof gibt es in der alten Mitropa ein Kunstprojekt. Für einige Tage. Dann ist wieder Ebbe.

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Wie soll das enden? Oder hat es schon …. ?

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