Kategorie: Deutschland

Mit dem Containerschiff auf dem Rhein

Claudia wünscht sich seit Jahren eine Kreuzfahrt. So etwas Dekadentes würde ich nur mit 80% Demenz veranstalten.

Aber zu Weihnachten habe ich ihr eine Alternative geschenkt: zweimal Duisburg – Rotterdam und zurück. Ja, die doppelte Strecke, das hatte ich irgendwie verpeilt beim Buchen. Ich wollte eine knappe Woche aufs Schiff und hatte unterschätzt, wie schnell die Strecke von 327 km dann doch zurückgelegt wird. Aber doppelt hält besser, und in den seltsamen Flow eines Schiffes kommt man tatsächlich erst am zweiten Tag. Dann ist es einem vertraut, man hat keine Bedenken mehr, auf glattem schwankenden Grund zu stehen, schmale Stiegen entlang zu balancieren und hochzuklettern.

Während am ersten Tag der Reise der Himmel strahlend blau war, ging es am Tag zwei mit leichten Wölkchen von Rotterdam zurück und heute, am dritten Tag, ist der Himmel grau gescheckt und die Wellen auf dem Fluss tragen kleine Schaumkämme, weil der Wind tüchtig pfeift.

Das Schiff fährt flussauf wie flussab mit ca. 15 km/h. Der Rhein ist eine Wasserstraße, ganz dem Güterverkehr gewidmet, und tatsächlich fährt mit einigen hundert Metern Abstand Schiff um Schiff. Die Liegezeiten in den Häfen sind streng getaktet. Da lässt man lieber ein halb beladenes Schiff losfahren, als zu riskieren, dass zwei Schiffe gleichzeitig an der Pier festmachen und die Zeiten für Löschen und Beladen in die Länge gezogen werden.

An Bord läuft ständig Kommunikation aller Art. Auf der Brücke stehen Rechner, Drucker, Wasserkocher. Man telefoniert über das Bordnetz via Kabel, hat den Sprechfunk zur Mannschaft, den Blick in die Monitore verschiedener Kameras für die Manöver am Kai, den Funk der Schiffe, Behörden und Häfen, das Mobiltelefon mit Whatsapp und Facebook, daneben laufen Radio und Fernseher, natürlich alles gleichzeitig. In all diesen Lärm und das sonore Dröhnen des Motors, das man irgendwann nach zwei Tagen nicht mehr hört, scheppert das Lachen von Ron, dem zweiten Kapitän, der mit langen Telefonaten seinen Freundeskreis bei Laune hält.

Unvorstellbar all das auf der Straße. Aber das Schiff fährt mit Autopilot, der auf Radar und GPS zugreift. Der Kapitän schaut, wenn er sich nicht gerade Tee oder Kaffee kocht, eine Zigarette dreht, Nachrichten ins Telefon tippt, immer mal wieder wie beiläufig auf den Fluss und gibt mit kaum merklichen Handbewegungen der Steuerung Befehle, die sich eigentlich nur auf Geschwindigkeit und höchstzulässige Kurvenradien beschränken. Bremsweg 800 m, aber der Bremsweg gilt für alle, Auffahrunfälle sind so gut wie ausgeschlossen. Nur selten wird überholt, Drängler und Raser gibt es nicht.

Weil alles so schön automatisch läuft, wird auch in tiefer Nacht und bei dickstem Nebel gefahren. Dann klebt der Blick am Monitor des Radars, vergleicht ab und zu Radarbild und GPS. Nebelhörner und Flaggen sind bedeutungslos geworden. Zwar ist das Schiff noch mit Seezeichen markiert, wenn es Gefahrgut an Bord hat. Aber viel wichtiger sind die Meldungen an die Zentrale, die sämtliche Schiffsbewegungen erfasst und weiß, wer was und wen an Bord hat, und die Meldungen ausgibt, wenn irgendwo auf dem Fluss Störungen auftreten.

Die THEODELA fährt Linie mit Containern. Jahr und Tag die gleiche Strecke. Was in den Containern steckt, steht in elektronischen Listen, was wirklich transportiert wird, ist für den Kapitän kaum überprüfbar. Für ihn ist es nur wichtig, halbwegs pünktlich die Liegezeiten in den Häfen einzuhalten. Getankt wird alle drei Wochen, Diesel und Trinkwasser. Lebensmittel werden an die Häfen geliefert oder beim Tanken mit aufgenommen. So findet man in der Küche beachtliche Batterien von Gefrierschränken, in der Vorratskammer Stapel mit Coladosen. Alkohol ist trotz all der Automatisierung für die Mannschaft strikt verboten.

Die Häfen sind die Nadelöhre des Systems. Da kann es entscheidend sein, ob gerade der Kranführer mit Talent oder nur der mit Geschick Dienst hat. Der mit Talent setzt Container für Container mit traumwandlerischer Sicherheit zentimetergenau auf Position, Tetris für Große. Der mit Geschick muss den Kran vor dem Absetzen dann doch ab und zu mal nachjustieren, was bei dreißig oder neunzig Containern wertvolle Minuten kostet.

Aber für den Belgier Stefan, Eigner des Schiffes, kein großes Problem. Er muss Störungen seinem Auftraggeber melden, ansonsten fährt er per Flatrate. Wie ein bestellter Linienbus ist er unterwegs – egal wie die Auslastung des Schiffes ist, denn für diese sind die Disponenten an Land zuständig.

Stefan – Eigner gleich mehrerer Schiffe, die alle um die 11 m breit und 110 m lang sind – fährt in siebter Generation. Er ist Arbeitgeber für 45 Leute, die aus verschiedenen Ländern kommen, so wie seine Schiffe auch: die Rümpfe lässt er mal in Serbien, mal in Rumänien schweißen. Der Ausbau erfolgt regelmäßig in den Niederladen. Ausbau heißt nicht nur Motor und Technik. Ausbau bedeutet auch Arbeit für Tischler, Installateure und Fliesenleger, Küchenexperten, Elektriker. So wirkt denn auch unsere Passagierkabine wie ein ganz normales Hotelzimmer, sieht man einmal von Tür und Fenster ab. Die Innenräume auf dem Schiff sind mit Teppichen oder Fliesen ausgelegt, da heißt es regelmäßig Schuhe wechseln, obwohl das Schiff auch im Außenbereich überall den Eindruck penibler Sauberkeit vermittelt.

Das Mitreisen von Passagieren ist zu einem willkommenen Nebenerwerb geworden. Auch was das betrifft, ist das Schiff über Monate ausgebucht.

Wir haben Vollpension und dürfen uns abgesehen von Maschinenraum und Wohnräumen der Besatzung frei auf dem Schiff bewegen. So sitzt man bei Sonne auf dem geräumigen Achterdeck, wo andere Schiffseigner sonst ihre Autos parken oder einen improvisierten Käfig für den Auslauf des jüngeren Nachwuchses hinstellen. Am Spektakulärsten ist jedoch der Platz auf der Brücke. Je nach Höhe der Containerstapel wird sie auf vier bis sechs Meter hoch gefahren für halbwegs freie Sicht auf den Fluss vor dem Bug. Da oben darf man Tag und Nacht sein, die Rundumsicht genießen, in den Polstern lümmeln und der Besatzung über die Schulter schauen.

Aber am liebsten schaut man dann doch auf den Rhein, oder die Maas, so heißt der Fluss hinter der Grenze in den Niederlanden, auf den Himmel über dem Fluss und die gemächlich vorbeiziehenden Ufer.

Gemessen an der Reisezeit passiert an den Ufern wenig. Siedlungen sind hinter hohen Deichen verborgen. Am Flussufer liegen nur die Häfen und einige alte Städte, die schon früher vom Rhein lebten und die Nähe brauchten. Am Augenfälligsten sind eine ganze Kette Kohlekraftwerke, die ihr Kühlwasser vom Fluss bekommen, hinter Duisburg die Stahlwerke von Thyssen. Auf dem platten Land stehen die Schornsteine alter Ziegeleien, die Förderbänder der Kiesgruben, einige spitze Kirchtürme, vereinzelt Werften und Raffinerien.

Vor dem Deich am Ufer weiden ab und zu Tiere, man sieht Angler, Radfahrer, Spaziergänger. Und dann eben den Himmel, das Wasser und wieder den Himmel, der sich im Wasser spiegelt. Und alles wechselt ständig Farben und Strukturen. Das ist der große Film, den es zu sehen gibt und der einen immer wieder aus der Kabine an Deck lockt. Oder man bleibt eben gleich auf der Brücke, wo man ebenso lesen kann. Oder schreiben.

Den Höhepunkt gibt es mit der Einfahrt in den Hafen von Rotterdam. Dazu muss man die ganze Stadt durchqueren, vorbei an Wolkenkratzern, Kirchen und Moscheen, Fabriken, Werften gigantischen Containerstapeln.

 

In Rotterdam, dem größten Hafen Europas, ist der Umschlagplatz für so ziemlich alle Waren der Welt. Unser Schiff löscht und lädt Container, die im Hafen lagern oder gleich auf einen LKW wechseln oder auf das nächstgrößere, ozeantaugliche Schiff.

Auf halber Strecke nach Rotterdam wird am Hafen Nijmwegen Station gemacht, der andere Höhepunkt der Reise. Aber es passiert das gleiche wie in Duisburg und Rotterdam auch: anlegen, Container runter, Container rauf, ablegen, weiterfahren.

Das ganze Schiff transportiert, wenn es voll beladen ist, die Fracht von 96 LKWs. Aber es sind nicht 96 Fahrer beschäftigt, die auf ihre Ruhezeiten achten müssen, nachts auf dem Parkplatz stehen oder tagsüber im Stau. Das ganze Schiff wird von zwei Kapitänen und einem Matrosen rund um die Uhr gefahren. Die Kapitäne fahren im Wechsel und schieben Zwölfstundenschichten mit kurzen Ablösezeiten während der Hauptmahlzeiten. Der einzige Matrose hat immer Dienst. Er schaut gelegentlich nach der Maschine, vertäut das Schiff am Kai, macht die Leinen los, schaut nach der Ladung, entfernt den Rost und lackiert drüber, wischt das Deck. Die Frau des Eigners oder die des Kapitäns kümmert sich um die Küche und um die Wäsche. Vier Menschen, die zwei Wochen fahren und dann eine oder zwei Wochen frei haben. Manchmal wird gar nicht gefahren: bei Hochwasser, bei Niedrigwasser oder wenn das Schiff in der Werft ist. In der Werft wird selten repariert, eher ausgetauscht. Theoretisch wäre die Reparatur eines Motors günstiger als ein neuer. Aber rechnet man die Liegezeit in der Werft hinzu, den Verdienstausfall, ändert sich die Kalkulation. Das Schiff muss fahren, sonst fließt kein Geld.

So bleibt denn in Gorinchem auf halber Strecke zwischen Rotterdam und Grenze gerade einmal eine halbe Stunde für den Austausch eines Sensors in der Schmiermittelanlage. Der Anleger ist eigentlich zum Aufnehmen und Absetzen von Autos der Schiffer vorgesehen. Aber heute hat Stefan den Monteur mit dem Ersatzteil hier hin bestellt. Wir legen an, der Monteur geht an Bord und dann wird im Maschinenraum hektisch geschraubt.

Für uns eine willkommene Gelegenheit, einen Blick in den Bauch des Schiffes zu werfen. Stefan erklärt das Gewirr der Aggregate und Tanks für alles Mögliche, unter anderem den für Schmutzwasser und Fäkalien, den er ab und zu in den Rhein entleert. Obwohl Neubauschiffe seit den siebziger Jahren solche Tanks haben müssen, ist bisher nicht geklärt, an welchen Stellen die Schmutzwasser an Land entsorgt werden sollen erklärt uns zumindest Stefan. Lediglich die Flusskreuzfahrtschiffe müssen das Schmutzwasser regelmäßig von Entsorgungsschiffen aufnehmen lassen.

Dann erzählt Stefan noch etwas von seiner Schraube. Bei all der High-Tech auf den Schiffen ist es bis heute ein großes Glück, wenn Schraube und Rumpfform perfekt harmonieren. „Millimeter entscheiden da und jede Wartung ist ein Risiko“, erklärt der Schiffsbesitzer und Kapitän, „ denn die ideale Form von Schraube und Rumpf entscheiden über den Dieselverbrauch.“ Bei einem Verbrauch von 70 Litern pro Stunde im Normalbetrieb oder auch mal 300 Litern bei Überholmanövern summieren sich Mehrverbräuche über die Monate zu ernstzunehmenden Summen.

Kaum neigen sich die erlaubten dreißig Minuten für die Reparatur dem Ende zu, gibt es schon drängelnde Funksprüche vom nächsten Schiff, das hier anlegen will, um die Gattin des Kapitäns samt Einkäufen und Auto wieder an Bord zu nehmen. Alles hat geklappt und Stefan gibt dem einzigen Matrosen an Bord die Weisung, auf eventuelle Ölflecke zu achten, die sich an der Stelle vielleicht bilden könnten, wenn nach der Reparatur etwas undicht ist. Und die würde man tatsächlich sehen, denn wie das gesamte Schiff ist auch der Maschinenraum ein Hort der Sauberkeit.

Das war er schon, der Aufreger des Tages.

So wie das Schiff erfordert auch der Rhein ständige Wartungsarbeiten. Der Fluss muss in der Breite in Schach gehalten werden, das machen die Deiche. Damit das Bett nicht versandet, gibt es Buhnen und andere Bauwerke, die das Bett einzwängen und mit höherer Fließgeschwindigkeit in der Mitte dafür sorgen, dass die Sedimente nicht liegenbleiben und die Fahrrinne allmählich flacher machen. Schlepper mit einer Art Pflug beseitigen Bodenwellen am Grund, die sich zu gefährlichen Berg-Tal-Formationen mit Untiefen ausformen könnten. An den Ufern Wasserpolizisten und Tankstellen mit kleinen Läden. Und irgendwo auf dem Festland die Internate für die schulpflichtigen Kinder der Fahrensleute. So beschäftigt der Fluss ein Heer von Dienstleistern.

Nach vier Tagen und vier Nächten an Bord steigen wir in Duisburg wieder in den Zug. Der bringt uns mit 200 km/h wieder zurück ins hektische Berlin.

Ruhrgebietsquerung 1

Das Ruhrgebiet ist auf meiner Deutschlandkarte ein weißer Fleck. Der ist beschriftet mit Worten aus Staumeldungen, Namen von Flüssen und Klischees. Mit dem Zug bin ich oft durchgefahren. In Essen und Dortmund sogar schon ausgestiegen und ein zwei Tage geblieben.

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Hafen in Hamm

Die Expedition zum Lückenschluss beginne ich in Hamm. Zu Fuß, das Gepäck auf einem Handwagen, trotze ich dem Herbst. Die erste Etappe führt mich von Hamm nach Lünen. Die Route verläuft immer entlang des Datteln-Hamm-Kanals, der die Landschaft so schnurgerade durchzieht, dass man nicht die geringste Abweichung von der angestrebten Luftlinie zu fürchten hat.

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Die Landschaft entlang des Kanals beginnt in Hamm mit einem Industriegebiet, welches früher gewiss einmal von der Nähe zum Hafen und zum Kanal profitiert hat. Was heute noch mit Schiffen transportiert wird, ist nur für einen geringen Teil der verbliebenen Betriebe von Bedeutung. Schon eher die Kraftwerke profitieren von dem preiswerten Transport der Schüttgüter. Sie verfeuern Kohle und Hausmüll und erzeugen Energie, die sonstwo verbraucht wird, wohl aber kaum noch in der Nähe der Erzeugung. Eine ganze Kette solcher Kohlfresser steht am Kanal, zieht das Kühlwasser aus der grünlichen Brühe.

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Kaum steigt man vom Deich des Kanals hinab in die Orte. Einzig die Marina in Rünthe verlangt einen kleinen Umweg und überrascht mit dem Versprechen maritimen Vergnügens in Gestalt eines aberwitzig großen Hafens mit angeblich 300 Booten, die nicht so aussehen, als hätten sie etwas mit Sport zu tun. Ein Boot an dieser Stelle, das ist, als hätte man eine längere Sackgassen zum Austragungsort eines Autorennens gewählt. Gleichwohl: es nennt sich Yachtclub, was da residiert. Und ähnlich kläglich einige Wassersportanlagen, gleich hinter dem Deich, mit langen Ruderboten in Stahlregalen. Welch trostloses Training zwischen rostroten Spundwandzeilen.

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Lünen habe ich in der Dämmerung erreicht. Die Pension, die Google versprach, hatte außer dem Schild am Haus nichts mehr zu bieten. Das nächstgelegene Hotel in der Fußgängerzone hatte ein Zimmer zu einem dreisten Preis.

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Das Morgengeläut: Kehrmaschinen und Laubgebläse. Marktstände mit Jogginghose und Socken.

Aber kaum verlässt man das Städtchen nach Süden, die Wohnblocks aus den Fünfzigern werden grauer, erreicht man eine geradezu pastorale Idylle.

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Wäre da nicht das stete Rauschen von Autobahnen.

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Die Autos und die Autobahnen. Die sind ein ständiger Begleiter, die es überall zu beachten gilt, und die wie unüberwindliche Flüsse die Landschaft zerschneiden. Auch ein Geknäult von Bahnlinien teilt das Revier. Während die Kanäle blieben, ist die Hälfte der Bahnen verödet. Grau bröckelnde Brücken für Nichts. Verwachsenen Gleise, verwunschene Dämme. Die Leute im Ruhrgebiet – so scheint es – fahren ständig hin und her, oder im Kreis. Aber wozu? Es sieht überall gleich aus, es ist überall gleich wenig zu tun. Also warum nicht bleiben, wo man ist?

Die einst stolze Region klammert sich an Erinnerungen. Nicht nur die Straßennamen künden von Schächten, Zechen, Halden. Auch einige große Wegweise halten trotzig fest, woran nur noch die Alten eine lebendige Erinnerung haben werden. Die Hallen beherberg nur noch selten Walzwerke, sie sind Getränkegroßhandel und anderen Logistikunternehmen gewichen. Auf den Brachen machen sich Gebrauchtwagen breit.

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Aber das Ruhrgebiet ist erstaunlich grün, war es doch in alten Zeiten tatsächlich agrarisch geprägt. Aber es gibt nicht mehr das klassische Dorf mit Anger und Kirche und Schule. Die Städte fasern auseinander. Die Landwirtschaft hat sich in Silos und Ställen vereinzelt, inmitten der Felder, gleich neben aus Größe und Zeit gefallenen Einfamilienhäusern, die Stadtrand spielen und doch den Bauern gehören werden. Große Limousinen in den Einfahrten, ist die Misere des Bergbaus an ihnen vorübergegangen.

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Geht man auf Castrop zu und nähert sich Herne, verdichtet sich das Grau. Keiner investiert mehr in die Häuser, die einmal verkehrsgünstig gelegen waren und deren schmutzige Scheiben nun in die Lichter der Autos starren, in den nassen Asphalt. Hier, an den Aus- und Einfallstraßen kniet keiner vor der Treppe und kratzt das Moos ab, ist keine Idylle herbeidekoriert, hier ist der Ruhrpott nackt.

Brav hat man neben den Straßen Fuß- und Radwege gebaut, oder wenigstens markiert. Und dreist raten die Wanderkarten zu genau diesen Wegen, die man eigentlich schnell hinter sich lassen will.

So die Trostlosigkeit des hügeligen Herbstes. Selbst die Trinkhallen, einst wichtige Stütze des Systems, sind verwaist. Vielleicht weil das Bier kastenweise in die Autos passt, keiner mehr die Flasche auf dem Heimweg will.

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In Herne, einer Kleinstadt mit U-Bahnanschluss, ein Hotel voller Überraschungen. Im Doppelzimmer für 77 € sind nicht nur Frühstück und W-LAN enthalten, sondern auch das Bier aus dem Kühlschrank im Flur, worauf der müde Gast ausdrücklich hingewiesen wird. Am Frühstückstisch wird man von Chef persönlich bedient – kein Gerangel am Buffet. Und wer ist der Betreiber? Ein Russe.

Ex oriente lux.

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