Nach Vilnius kamen wir mit dem Bus. Der fuhr eigentlich nach Ulm und vor uns saß eine Daeuertelefonierer, der, wenn er mit russischen Freunden telefonierte zu erkennen gab, dass er nach Chemnitz will, zum arbeiten.

 

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Lettland sieht vom Bus so aus:

 

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Dann überquert man in langsamer Fahrt die aufgegebene Grenzstation.

 

 

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Und dann  sieht es gleich ganz anders aus und man merkt sofort, dass mann in Litauen ist (am hinteren rechten Bildrand ist altes sowjetisches Fluggerät zu sehen).

 

 

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Jungs, das habt Ihr richtig gemacht: das mit der Grenze hättet Ihr Euch schon damals sparen können.

 

Auch Vilnius hat eine beachtenswerte Altstadt mit hübschen Fassaden, blauem Himmel, zarten Wölkchen. Aber im Vergleich zu Tallinn und Riga geht es ein wenig ruhier zu – die Heuschreckenüberfällenaus den Kreuzfahrtschiffen gibt es hier mangels Hafen nicht.

 

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Überall ist man bemüht, die neu gewonnene nationale Identität zu zementieren. Das ist wörtlich gemeint, denn man wird förmlich erschlagen von zahllosen Gedenktafeln, Denkmälern und Weginschriften. Das haben alle drei Hauptstädte der baltischen Republiken gemeinsam. Der sowjetischen Gigantomanie (unten das, was von Vilniusser Kulturplalast übrig ist) folgte die Gigantomanie der Worte. Am Samstag haben wir uns einen Audioguide ausgeliehen und sind unter Simons Führung die Stationen durch die Altstadt abgelaufen. Da quoll es pathetisch aus dem Lautsprecher zu Dichtern, Komponisten, Architekten, Adligen, Heiligen und Politikern, die allesamt vom Weltruhm gebeutelt sind, von denen wir bildungsferne Berliner aber nie zuvor etwas gehört hatten.

 

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Alles sowjetische scheint getilgt, nur auf der grünen Brücke findet sich noch eine Reihe Skulpturen.

 

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Die sozialistischen Wegweiser weisen immer noch großzügig die Wege. Allerdings nehmen inzwischen die meisten Menschen nicht mehr den Weg NEBEN der Brücke, für den hier noch mit einladender Geste geworben wird.

 

 

Mein morgendlicher Spaziergang führte mich zur alten Trikotagenfabrik von Vilnius. Alles steht leer. Nur in den alten Verwaltungstrakten haben kleinere Firmen ihr Domizil aufgeschlagen. Der Weg durch den Park über die Vilna ist zugewachsen. Für PKW war die Brücke nie vorgesehen, lediglich einige Rampen für Kinderwagen gab es, die aber auch keiner mehr zu nutzen scheint. Das Gelände soll zu Wohnungen umgebaut werden. Schwer zu glauben angesichts zahlloser Brachen in der Innenstadt und vieler verfallener Hinterhäuser.

 

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In der Trikotagenfabrik wurden wahrscheinlich massenweise Hochzeitskleider genäht. In Vilnius wird quasi ständig geheiratet, dafür stehen immerhin 50 Kirchen zur Verfügung.

 

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Und hier wartet gleich eine ganze Gruppe junger Damen auf das Verheiratetwerden. Männer! Haltet Euch ran! Auf nach Vilnius!

 

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Bemerkenswert ist der hohe Stand der Filmkunst im Baltikum. In jedem der drei Länder fanden wir reihenweise aufnahmebereite Kameras. Hier sind gleich zwei davon zu sehen, die eifrig das fertig beleuchtete Nichts belauern.

 

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