Autor: Eric Pawlitzky

Der vorliegende Blog ist unser Reisetagebuch. Per email sind wir unter ericpawlitzk(at)web.de zu erreichen.

Einen Kupplungsschaden

…und viel Zeit zum Tippen haben wir jetzt, am Abend des 04.02.2007. Auf der Autobahn 5 kurz hinter Frejeer, kurz vor Temuco, hat es uns erwischt. Hinter der Mautstelle …

camperadventures.jpg … Camperadventures…

Claudia schaltet, gibt Gas, Auto zuckt nicht. Ausrollen, Halt an einer Bushaltestelle. Das ist das vorläufige Ende einer Serie von Macken, die wir in den letzten 24 h entdecken mussten. Bevor ich das alles noch mal schreibe, und um meinem Frust Luft zu machen, kopiere ich hier einmal den Text der ersten Beschwerdemail aus diesem Urlaub ein. Sehr geehrte Frau Kapner, sehr geehrter Herr Kapner, sehr geehrte Damen und Herren,

bedauerlicherweise müssen wir den gestern bereits festgestellten Mängeln an dem von Ihnen gemieteten Camper noch weitere hinzufügen. Im Einzelnen möchten wir folgende Mängel hiermit förmlich anzeigen:

  1. Die Ölstandwarnlampe leuchtet sporadisch auf, z.B. beim Fahren einer Kurve oder nach dem Schalten. Nach dem Losfahren sinkt die Öldruckanzeige kontinuierlich gegen Null. Wir haben daraufhin nach ca. 50 km, als wir den Mangel bemerkten, 1l Öl aufgefüllt. An dem Phänomen hat sich aber nichts geändert. Offensichtliche Ölverluste, z.B. nach längerem Fahrzeugstillstand, konnten wir nicht feststellen. Bei einem Anruf unter einer der angegebenen Nummern in Chile wurde uns erklärt, das Problem trete bei dem Fahrzeugtyp öfter auf und sei wahrscheinlich unbedenklich. Unter diesen Voraussetzungen sind wir nicht bereit, für Schäden zu haften, die aus Problemen mit mangelndem Öldruck oder Ölverlust resultieren. Bitte bestätigen Sie uns dies.

  2. Uns wurde das Fahrzeug nicht mit der zugesicherten Dusche geliefert. Diese war defekt. Uns wurde empfohlen, eine neue Dusche auf dem Baumarkt zu kaufen. Auf dem empfohlenen Baumarkt werden derartige Duschen nicht geführt. Wir haben statt dessen Ersatzteile (Schlauch und Ventil) gekauft.

  3. Von fünf im Fahrzeug befindlichen Haken für Utensilien waren drei abgebrochen.

  4. Die Fensterscheibe hinten rechts oben hat einen durchgehenden Sprung. Das ist von außen nur schlecht zu sehen, wurde von uns bei der Übergabe offensichtlich übersehen und erst am gestrigen Abend festgestellt.

  5. Die aus Holz gezimmerte Trittstufe ist instabil und sehr kippelig. Unser Sohn ist gestern beim Besteigen des Fahrzeuges aufgrund dessen bereits gestürzt und hat sich verletzt.

  6. Der Tisch hat sich heute morgen von seiner Halterung an der Wand gelöst. Er war nur mit zwei kleineren Holzschrauben in der Spanplatte befestigt, eine völlig unzureichende Konstruktion. Beim Herabstürzen der Platte hat sich unser Sohn erneut eine leichte Prellung zugezogen.

  7. Erst beim Einräumen des Fahrzeugs stellten wir fest, dass es nicht sauber war. Im Fach unter dem Kühlschrank war offensichtlich eine Limonadenflasche o.ä. ausgelaufen. Was bei der Übergabe wie Abnutzung aussah, entpuppte sich als Dreck. Aber auch die Wand über der Kochstelle ist voller Fettspritzer.

  8. Obwohl wir am ersten Tag ca. 350 Kilometer gefahren sind, haben sich die beiden Zusatzbatterien nicht aufgeladen, offensichtlich wurden sie im leeren Zustand an uns übergeben. Die Lampen im Fahrzeug funktionierten abends nur noch schwach, der Kühlschrank ebenfalls nicht.

  9. Es fehlen Bedienungsanleitungen sowohl des Fahrzeugs an sich, als auch der vielen verschiedenen Geräte (Kühlschrank, Herd u.a.).

  10. Das Fahrzeug ist im Kofferaufbau miserabel verarbeitet. Überall findet man scharfe Bleche, Kanten, Ecken.

  11. Die auf das Dach montierten Ersatzräder und Kanister sind in keiner Weise gegen Diebstahl gesichert.

  12. Bei Gasbetrieb des Kühlschrankes riecht es im Fahrzeuginnern nach Propangas.

Nachdem wir diese Mail abgeschickt hatten, machte mich eine Kellnerin (geboren in Rudolstadt) darauf aufmerksam, dass eines der Ersatzräder auf dem Dach merkwürdig herumbaumelt. Ich kletterte hoch und sah, dass die relativ frische Schweißnaht (noch Schleifspuren zu sehen) gebrochen ist. Zum Glück hatte ich auf dem Baumarkt eine Kette als Diebstahlsicherung gekauft … damit habe ich das lose Rad notdürftig festgezurrt.

Aber kommen wir nun mal zu den angenehmeren Seiten des gestrigen Tages. Bei Hubert gab es noch einen netten Abschiedsabend mit Lamm überm Feuer und diversen neuen Gästen aus Deutschland. Ich habe mich aber – etwas erkältet – mit Simon ins Bett gelegt und Claudia das Revier überlassen.

lammfeuer.jpg kleiner Tipp fuer Grillfans daheim…

Am Samstagmorgen (03.02.) haben wir dann unsere ganzen Sachen im Camper verstaut, den Wassertank aufgefüllt und gegen 11.00 den Weg begonnen. Weiter siehe oben, denn es gab diverse Zwangspausen: Öl auffüllen, Baumarkt besuchen, Lebensmittel einkaufen usw. Die erste richtige Pause gab es am See bei Villarrica im Seengebiet. Einfach anhalten, umziehen, baden gehen, wieder einsteigen. So haben wir uns das vorgestellt.

Im nächsten Ort ein Internet-Cafe besuchen. Da hieß es zum ersten Mal mit dem klobigen rollenden Koffer parken. Zum Glück hat ein Parkplatzwächter uns einfach einen doppelten Stellplatz gegönnt. Wir standen parallel zur Straße, während alle anderen quer einparken mussten. Das von Claudia ausgewählte Tagesziel war der Baija Blanco See (genauen Namen muss ich ergänzen..). Obwohl die Umgebung des Sees ebenfalls vulkanisch geprägt ist, hat er einen weißen (und nicht schwarzen) Sandstrand, der auch im Wasser so bleibt und nicht in tückischem Geröll endet.

badesee-42.jpg … unser Badesee …

Als wir am Sonntagmorgen erwachten, sind wir alle drei in der strahlenden Morgensonne in den spiegelglatten See gesprungen. Gegen acht zählten wir dabei noch zu den ersten. Nach einem gemütlichen Frühstück, kurz bevor der Tisch einkrachte, haben wir den Vormittag badend verbracht.

Dann erfolgte eine wichtige Mission: Simon hatte am Tag zuvor seinen Pauli (Kuscheltier) auf der Bavaro Beach Lodge vergessen. Wir wussten jedoch von Gästen aus der Bavaro Beach Lodge, dass diese heute in ein in der Nähe befindliches Hotel fahren. Per Handy hatten wir sie um die Mitnahme von Paul gebeten, was auch klappte. So aßen wir auch gleich zu Mittag in „Sebastians Landhaus“ auf dem Rückweg nach Villarrica. Dort durften wir auch die Beschwerdemail abschicken und eine Bohrmaschine leihen, um erste Schritte zur Reparatur des Tisches einzuleiten. Auf dem Weg hierher, an die Autobahn, sahen wir noch etwas besonderes, einen qualmenden Vulkan. So fühle ich mich jetzt auch. Die Eruption steht unmittelbar bevor. Wir verbrachten den Sonntag ab etwa 17.00 h gefangen zwischen Autobahn und Bahndamm. Chilenischen Vermieter anrufen. Der will sich kümmern und die Versicherung informieren. Versicherung ruft auf dem Handy an, Claudia macht auf spanisch Telefonkonferenz mit Versicherung und Abschleppfirma. Abschleppfirma wird alles regeln – so Versicherung. Alles in die Rucksäcke packen (wir hatten für eine halbe Woche Lebensmittel eingekauft…große Wasserflaschen usw.). Eric kocht noch schnell die Eier.

eierkochen.jpg …der Chefkoch empfiehlt transportfaehige Eier…

Claudia hat keinen Bock auf Kochen. „Eier sind für Mama gut ….“ Simon und Papa lachen sich kaputt über die groteske Situation. Abschleppfirma findet uns nicht. Abschleppfirma kommt auf der Gegenspur gefahren. Abschleppfirmaleute wissen erst mal von gar nichts. Sohn vom Chef kommt. Telefoniert mit Versicherung. Camper ausräumen und alles an den Straßenrand stellen. Taxi kommt. Fährt uns ins Hotel. Tschüss Camper. Mitternacht. Heia, heia. Simon hat wie immer alles bestens verkraftet und viele, viele Fotos vom Abschleppauto gemacht. Heute sollen wir zunächst einen kleinen Mietwagen bekommen. Damit wollen wir weiterfahren Richtung Valparaiso. Der Mietwagen soll dann gegen einen größeren getauscht werden. Ob wir mit diesem Fahrzeug dann unsere ursprüngliche Route realisieren können, ist offen. Heute (05.02.) sind wir in Temuco.Trotzdem: alle gesund, alle gut drauf, wir waren gestern ein gutes Krisenteam.

Huberts Farm

Das war für Eltern und Kind gleichermaßen interessant: Simon hat Schafe, Wildschweine (!), Ziegen, Hunde und junge Stiere aus nächster Nähe bestaunen dürfen. Die Eltern waren fasziniert, was ein junger Mann, der aus Deutschland nach Chile auswandert, in 14 Jahren alles aufbauen kann. Hubert, der Besitzer der Bavaro Beach Lodge, hat uns gestern (02.02.07) mitgenommen auf seine Farm.

hubertsfarm.jpg

Hubert begann mit einer Hütte ohne Strom und fließend Wasser in den Bergen. Aus der wurde nach und nach das Bauernhaus. Es kamen ein kleines Sägewerk, Stallungen, ein beachtlicher Maschinenpark und Wege über das ca. 1.000 ha große Gelände hinzu. Inzwischen forstet er gezielt wieder auf, züchtet ungekreuzte Wildschweine wegen des extrem geringen Cholesteringehaltes des Fleisches, Rinder, Ziegen, Schafe. Das alles würde man in Deutschland als reinste Bioproduktion bezeichnen, denn die Tiere ernähren sich ausschließlich von Weiden, Wald und Quellwasser. Nachgedüngt wird nicht, der Tierarzt ist nur selten zu Besuch.

Gestern war Simontag. Simon durfte den Tagesablauf komplett bestimmen. Er bekam das Frühstück ans Bett und auch gleich noch zum Frühstück eine Geschichte vorgelesen. Dann wurde am Computer gespielt – das Schachlernprogramm hat ihn voll im Griff, er ist nur schwer davon loszueisen….

bettfruhstuck.jpg Simon mit Paul

Danach wurde mit Lego gespielt und mit Beach-Ball-Schlägern Tennis. Zwischendurch gab es die Besichtigung eines Sägewerkes. sagewerk.jpg Freiluftsaegewerk

Jeder deutsche Arbeitsschutzverantwortliche hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen: unter freiem Himmel, in der prallen Sonne werden riesige Baumstämme mit dem Radlader auf eine frei stehende Bandsäge gewuchtet und dort mit Hebeln und Keilen durch die gerade einmal mit Handschuhen bewaffneten Arbeiter in Position gebracht. Dann werden – ohne Verspannung des „Werkstückes“ – Bohlen und Balken geschnitten. Das benzingetriebene Sägeband schwirrt ungesichert durch die Luft, die Arbeiter schieben den Schlitten mit der Säge per Hand über die Arbeitsbühne. Ein Höllenlärm, ohne Gehörschutz. Staub ohne Ende. Aber für Simon eine gute Gelegenheit, einmal Dinge zu beobachten, die in Deutschland nur hinter gut gesicherten Werkstatttoren stattfinden.

Wir hatten jetzt 3 Tage prallen Sonnenschein bei ca. 30°C. Heute morgen (02.02.) ist der Himmel bedeckt. Das passt zu unserem Vorhaben, uns vom hiesigen Polizeichef das Auto zu leihen und einen Ausflug nach Puerto Varas zu machen.

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