Das wichtigste zuerst: wir haben alles gut überstanden und nix ist passiert. Pünktlich um 08.00 h haben wir Copiapo verlassen und fuhren in der noch flach stehenden Sonne zunächst auf einer in der Karte als Schotterpiste besserer Art ausgewiesenen Straße, die sich jedoch als erstaunlich glatt und festgefahren zeigte.

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Während der gesamten 470 km, die wir an diesem Tag (Sonntag, 11.02.07) fuhren, sollten uns ca. 15 andere Autos auf der Strecke begegnen, darunter das des deutschen Botschafters von Chile, einem wortkargen Menschen. Die erste menschliche Begegnung hatten wir an einer kleinen Hütte am Straßenrand. Vater und Sohn saßen nach einer durchfrorenen Nacht in der Sonne und wärmten sich auf. Wir hielten und Claudia begann ein kleines Gespräch. Bei leben von den Ziegen, die sie halten, gelegentlich arbeitet der jüngere in der Mine. Früher hätten an dieser Stelle noch weitere Menschen gelebt. Aber die Winter werden wärmer und trockener, was die spärlichen Weiden hergeben, reicht nur noch für zwei. Auch nicht für Käse, denn die Ziegen geben zu wenig Milch. Wir haben uns mit einem kleinen Geschenk aus unseren Obstvorräten verabschiedet.

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oben: zwei Hirten in ihrer Hütte an der Straße

Claudia wollte den besseren Teil der Strecke fahren, ich sollte sie ablösen, wenn es schotterig wird. Aber die Straße blieb gut und bereits gegen 11.00 h waren wir an der chilenischen Zollstation auf 3.700 m Höhe an einem beeindruckenden Salzsee. Die Herren waren nett und hatten Zeit. Per Hand und mit Schreibmaschine wurden mehrere Listen und Formulare ausgefüllt. An drei verschiedenen Schreibtischen hatten wir Platz zu nehmen. Was da warum geschah, konnte ich mangels Spanischkenntnissen nicht nachvollziehen. salzsee-grenze1.jpg

Auf dieser Höhe setzten die ersten Symptome der Höhenkrankheit ein. Wir hatten alle drei etwas Kopfschmerzen, wie nach einer durchzechten Nacht mit zu kurzem Schlaf fühlte sich das an. Mit war etwas schwummerig und ich befolgte streng den Rat, heftige Kopfbewegungen, schnelle Schritte und jede Anstrengung zu vermeiden. Fahrerwechsel, aber das „Schlimmste“ lag schon hinter uns. Bald erreichten wir die Laguna Verde, einen türkisfarbenen Bergsee, die Ränder voller Salz. Wir machten eine Pause, liefen etwas herum, es war sonnig, windig, aber nicht kalt.

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Dann allerdings war Simon die ganze Sache doch zu heftig, er wurde blass und schlief im Auto recht schnell ein. Bald hatten wir – bei bester Sicht auf zahlreiche Sechstausender – den höchsten Punkt des Passes (4.748 m) überschritten. Die Formalitäten an der argentinischen Zollstation waren nicht ganz so aufwendig. Dann – auf argentinischem Gebiet – erwies sich die Passstraße als Piste in Autobahnqualität, auf der wir mit teilweise 130 km/h einsam und allein auf sanftem Gefälle talabwärts rollten. Riesige Halden aus Vulkanasche, Lavabrocken, etwas Gelbgras. Die Kopfschmerzen verschwanden, Simon wurde wieder munter, alle hatten gute Laune. Wir machten erneut Rast in einem breiten Tal. Eine salzverkrustete Wiese, ein Bach, Flamingos, Guanakos, keine Büsche, keine Bäume. Dann wurde die Landschaft immer abwechslungsreicher. Felsformationen und Schutthalden in unterschiedlichen Farben: gelb, ocker, grün, rot und immerzu blauer Himmel. Erste Sedimentformationen tauchten auf, oft bizarr verwittert. sedimente.jpg

Dann auch wieder Menschen. Doch die in der Karte ausgewiesenen ersten Orte erwiesen sich lediglich als winzige Weiler. Erst in Fiambala eine Herberge. Ein etwas verdrecktes Zimmer. Wenn man die Dusche anmacht, steht das Klo unter Wasser. Zum Glück gibt es hier kein Frühstück.

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…der Blick aus unserem Hotelfenster in Fiambala …Aber gleich im Nachbarhaus ist ein Museum, in dem wir zwei Indiomumien besichtigen konnten. Die offenbar wohlhabende Frau und der an Kriegsverletzungen gestorbene junge Mann wurden nach 1.500 Jahren im trockenen Sand 1997 von Straßenbauarbeitern gefunden. Unser Fazit: die Strecke ist nicht nur landschaftlich sehr empfehlenswert. Wir hatten statt der angedrohten 13 Stunden auch nur knapp 10 Stunden inklusive Pausen und Zollabfertigung gebraucht. Die Alternative wäre die um mehr als 1.000 km längere Strecke über Antofagasta und San Pedro gewesen. Am Abend des 11.02. hatten wir noch ein Interview mit Christian (rosa T-Shirt), der uns auffiel, weil er mit einem aus Schrott gebauten Gefährt den Dorfplatz befuhr und aus einer Extra-Batterie die Bässe dröhnen ließ. Er ist arbeitsloser Automechanliker, lebt bei seinen Eltern. christian-und-freunde.jpg

Heute (12.02.) erreichten wir Aimogasta. Nach zwei schofligen Quartieren residieren wir jetzt in einem 4-Sterne-Hotel, Claudia ist mit Simon im Pool. Die Strecke von Fiambala hier her ist landschaftlich sehr schön. Die Straße verläuft durch ein breites Tal, in dem sich Olivenhaine und Weinplantagen mit Sanddünen und Schuttablagerungen abwechseln. Parallel verläuft eine alte Bahntrasse, von Schmelzwasser unterspült.

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Wir sind seit drei Tagen abseits der touristischen Pfade unterwegs. Das erfordert Kompromisse bezüglich der Infrastruktur. Mobilfunkempfang gibt es nicht. Die Hotelbetreiber haben teilweise sehr schlichte Vorstellungen davon, was ein Gast erwartet. Kulinarische Höhepunkte sollte man nicht suchen. Aber das ursprüngliche hat seinen Reiz, die Gegend hat gewisse eine interessante Zukunft. An der Passtrasse in etwa 2.000 m Höhe bauen die Argentinier ein Hotel. Der schöne Straßenbelag auf argentinischer Seite war jedoch eine Konzession an die Minenbetreiber, die man nach ersten Goldfunden zu Investitionen bewegen will.