Marijampole hat einen wunderschön restaurierten Bahnhof.

 

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Den erreichten wir über Kaunas. Und bis dahin fuhren wir von Vilnius in einem nigelanagelneuen Eletrotriebzug von SKODA. Der fuhr streckenweise satte 100 km/h auf der dreigleisig ausgebauten Strecke zwischen Vilnius und Kaunas. Offenbar hat die Verbindung zum Fährhafen in Klaipeda eine große Bedeutung.

 

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Marijampole liegt an der Bahnstrecke nach Polen. Und ich wollte hier aussteigen, weil ich in einem Essay von Karl Schlögel zu dieser Stadt etwas Verrücktes gelesen habe. Der Ort ist der „hidden champion“ der europäischen Gebrauchtwagenmärkte. Hier wechseln Woche für Woche hunderte Gebrauchtwagen den Besitzer, um nach Weißrussland, Russland oder in die Ukraine weiterzureisen.

 

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Das hat sich irgendwann so ergeben, weil Mariampole günstig liegt (an einem großen Fernstraßendreieck) und deshalb gut zu erreichen ist. Also habe ich mir gestern im Hotel ein Fahrrad geliehen und bin die 6 km vor die Stadt zu eben jenem sagenhaften Ort gefahren. Und tatsächlich: der Autohunger ist noch nicht gesättigt, gestiegene Einfuhrzölle haben den Strom nicht gekappt. Auf einem großen eingezäunten und gut beleuchteten Gelände haben die Autohändler ihre Claims wie kleine Käfige abgesteckt und bieten Autos aller Art feil, von gut in Schuss bis Unfallkarre. Dazu selbstverständlich auch Wohnwagen, LKWs und Busse.

 

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Überall in der Stadt findet man Autowerkstätten und parkende Trailer, vollgepackt mit Gebrauchtwagen.

 

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Was soll man zu Marijampole sonst schreiben?

 

 

Die Stadt ist ein wenig – jetzt bitte tapfer sein – wie eine Mischung aus Wolfsburg und Pjönjang. Während wir in Friedenau (bedeutender Stadtteil von Berlin) uns mit höhnischem Gelächter vom Auto verabschieden, erlebt die Utopie von der autogerechten Stadt (…gerecht! …ha,ha…) hier fröhliche Urstände.

 

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Sechsspurige Prospekte durchziehen die 47.010-Einwohner-Stadt. Auch der letzte Zentimeter Boden ist gepflastert – und zwar mindestens mit Granit oder wenigstens Porphyr-Platten (die preiswerteren aus Beton). Jeder fährt hier Auto und zwar mindestens einen Audi 80 oder einen Opel Senator. Schließlich sitzt man ja an der Quelle.

 

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In der Altstadt versucht man gegenwärtig mühsam mit ein paar Bäumchen wieder herbeizupflastern, was an Atmosphäre verloren ging. In den abgelegeneren Viertel – besonders zu empfehlen ist hier das Bahnhofsviertel (!) – ist die alte städtische Struktur offenbar noch intakt, denn hier gibt es kleine Häuschen mit netten Gärten, Blumen, Kirschbäumen und Zäunen zum Drübergucken. Wirklich bestens gepflegt.

 

Aber unter unserem Hotelzimmer toben die Reifen über das Pflaster. Immerhin, wir hatten aus der 4. Etage einen tollen Sonnenuntergang zu sehen bekommen.

 

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Marijampole hat einigen Wohlstand. Es gibt eine Weberei (gleich neben dem Hotel), einen Kulturpalast (auch gleich neben dem Hotel), Maschinenbaufabriken und eine große Zuckerfabrik, die offenbar die Ernte der fruchtbaren Böden im Umkreis hier verarbeitet.

 

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 Heute geht´s weiter in unser viertes Land auf dem Weg von Tallinn nach Thessaloniki: Polen.