Autor: Eric Pawlitzky

Der vorliegende Blog ist unser Reisetagebuch. Per email sind wir unter ericpawlitzk(at)web.de zu erreichen.

San Juan

Wenigstens einige Eindrücke von dieser Stadt will ich vermitteln. Sie liegt sehr schön im Bogen eines Tales. Das entdeckt man jedoch erst von einem erhöhten Betrachtungspunkt. Die Stadt ist für argentinische Verhältnisse sehr grün. Man muss den Kopf von den Schaufenstern lösen und sieht ab und zu Reste historischen Glanzes an den Fassaden. Im Zentrum steht eine neuzeitliche Kathedrale aus Beton, die im Inneren eine schlichte aber eindrucksvolle Deckenverkleidung aus Holz vorzuweisen hat. Wirklich alte Gebäude sind wie an vielen anderen Orten auch ein Opfer zahlreicher Erdbeben geworden. san-juan1.jpg

In der Umgebung gibt es viel Weinbau. Aber nichts da von prachtvollen Haziendas. Alles ist industrialisiert. Die Weinfelder könnten auch Kartoffeln tragen, nichts von dem Flair, was wir in Europa einem Weinbaugebiet zuordnen. san-juan-2.jpg

Gestern hatten wir noch eine interessante Begegnung. An einer Ampel wurden wir von einem Herren in schlichtem Anzug angesprochen woher wir kämen. Er erklärte dann, einige Jahre in Frankreich gelebt zu haben, während der Militärdiktatur. „Europa hat mir viel gegeben und auch wenn ich Deutschland nicht kenne, hier ist meine Email-Adresse, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann…“ Wie sich herausstellte, ein Redakteur der regionalen Zeitung für internationale Politik. Die Politik beschäftigt uns hier immer wieder. In Victor fanden wir dazu auch einen sehr kompetenten Gesprächspartner. Das Rätsel, warum zwischen Argentiniern und Chilenen so eine ausgesprochene Kühle herrscht, konnte er wenigstens zum Teil lüften. Als Mitte der siebziger Jahre sowohl in Chile, als auch in Argentinien Militärdiktaturen herrschten – übrigens die in Argentinien mit ca. 20.000 Toten schlimmere als die in Chile (2.000 Tote) – waren beide Regierungen darauf bedacht, durch außenpolitische Aggression von den innenpolitischen Problemen abzulenken. Also wurde an einem lächerlichen Streit um den Grenzverlauf der Nationalismus so geschürt, dass es 1978 beinahe zum Krieg kam. Aber auch in den Jahrzehnten zuvor wurden immer wieder Streitigkeiten, so z.B. auch zwischen Chile und Bolivien, benutzt, um in den Köpfen langfristig Ressentiments festzusetzen. Einen zielgerichteten Versöhnungsprozess, wie wir ihn z.B. zwischen Deutschland und Polen oder Deutschland und Frankreich kennen – und auch dieser ist mühsam genug – hat es hier nicht gegeben.

Und schließlich haben die Argentinier ihre Diktatur nach vergleichsweise kurzer Zeit hinweggefegt, während die Chilenen Pinochet viel länger erduldeten. Das erzeugt bei vielen Argentiniern etwas Hähme. Aber auch wirtschaftlicher Neid spielt eine Rolle. Der Neoliberalismus hat die argentinische Wirtschaft mit dem Währungscrash im Jahre 2000 in den Ruin geführt, der nun erst allmählich mit auch neuen politischen Konzepten überwunden wird. Seit den jedoch gilt Argentinien bei den Chilenen als preiswertes Urlaubsland.

Ein wahrer Ort von Schönheit

In Aimogasta hatten wir Zeit und ein gut funktionierendes WLAN. Simon hatte seinen Spaß am Pool, Claudia konnte etwas recherchieren. Und so fand Sie im Internet einen kleinen Geheimtipp: die Finca La Media Luna in der Nähe von San Agustin de Valle de Fertil. (Siehe dazu auch den Link (links) mit kleiner Slideshow)
finka.jpgMan verlässt die aus Richtung La Rioja kommende Straße, die landschaftlich Einiges zu bieten hat, im Dorf nach rechts und nach etwa 10 km unbefestigter Straße, Furten und feldwegartigen Abschnitten erreicht man ein kleines Paradies. Inmitten alter Obstbäume liegt ein kleines Anwesen, das dem Gast vier stilvoll eingerichtete Zimmer, einen großzügigen Salon, eine vorzügliche Küche und einen Pool bietet. Alles eingerichtet von Patricia, der Besitzerin, deren durchaus gelungenen Versuche in naiver Malerei man im ganzen Hause und auch in den Zimmern bewundern kann.

Diese haben alle einen Kamin, eine Terrasse und großzügige Fenster, die man wahlweise mit Glas oder nur Gaze verschließen kann. So liegt man des morgens inmitten zahlloser Vogelstimmen und hat auch sonst Natur satt. Wir fanden handtellergroße Heuschrecken, wunderbare Schmetterlinge, Papageien und natürlich gibt es auch einige Pferde und einen Esel. Wenn es die große Hitze zulässt, kann man in der Umgebung schöne Spaziergänge machen oder einfach nur genießen.

Was es hier allerdings auch zu bewundern gibt, ist handwerkliche Solidität. Auf dem südamerikanischen Kontinent sind nämlich verschiedene elementare handwerkliche Grundfertigkeiten verloren gegangen. Möglicherweise auch deshalb weil sie hier weder gewünscht noch vermisst werden: selbst in neu gebauten Hotels findet man Türen, die klemmen, Duschen, die überlaufen, Schalter, die nur lose in der Wand hängen. Und in Unterkünften der niederen Preisklasse gibt es auch mal ein Waschbecken, dass sich bei stärkerer Flutung ganz einfach auf den Fußboden des Badezimmers ergießt.


ebene-bei-rioja.jpg Wir haben gestern (14.02.) eine kleine Regatta am Pool gemacht: Lego-Boot gegen Floß aus Bambusstäbchen mit Vogelfedersegel. Simon macht Schwimmübungen. Er kann inzwischen mit nur einem Schwimmflügel schwimmen, daraufhin haben wir aus beiden die Hälfte der Luft abgelassen.
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Am Nachmittag haben wir das Valle de la Luna besucht, etwa 1,5 h mit dem Auto von hier. Begleitet hat uns Victor, der Belletristik und psychologische Fachliteratur aus dem Französischen übersetzt und aus Buenos Aires mit dem Bus hierher gekommen ist. Victor spricht englisch, so dass ich auch einmal wieder einen argentinischen Gesprächspartner ohne Zwischenübersetzerin hatte.valle-de-la-luna.jpg
Das Valle de la Luna bietet gleich zwei Rekorde: es ist der Fundort des weltweit ältesten Saurierskelettes und es bietet zahlreiche geologische Einzigartigkeiten. Das Ganze eingebettet in eine atemberaubende Landschaft, an der ich mich nicht satt sehen konnte. valle4.jpgDie Besichtigung ist nur in Begleitung eines Rangers erlaubt, der die Besucher begleitet, indem er eines der Autos besteigt und die Wagenkolonne etwa 40 km mit Zwischenstopps durch die auch hier vorherrschende Wüste leitet. Das ehemals, im Tertiär, fruchtbare Plateau wurde durch Wind, Regen und extreme Temperaturschwankungen zu einer bizarren Landschaft geformt. So andersartig, dass die Entdecker meinten, so müsse es auf dem Mond aussehen. Aber gegenüber dem Sichtbaren sind hier Worte belanglos. valle3.jpg

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