Mit Alajuela konnte ich mich leider auch am 2. Tag nicht anfreunden. Am Morgen und am Abend habe ich einige Fotos gemacht, als die Sonne niedriger stand. Aber das ist ein generelle Problem mit dem Fotografieren hier: es gibt ständig ein sehr grelles Licht, viel Dunst, viel Grün, wenige ein Foto belebende Schatten. Und in den kleineren Städten kann man eigentlich nur auf die Suche nach Kuriositäten gehen. Architektonische Highlights sucht man in Costa Rica vergeblich.

Am 26.02. (Montag) haben wir einen kleinen Ausflug zu einem Wasserfall gemacht. Der Montag brachte es mit sich, dass wir fast allein waren. So haben wir ausgiebig gebadet und geduscht. Allerdings donnert das – nicht einmal kalte – Wasser aus so großer Höhe herab, dass man es nur kurze Zeit unter dem eigentlichen Wasserfall aushält, so prasselt es auf den Kopf. Hinzu kommt unmittelbar unter dem Wasserfall ein ständiger kalter Luftzug, der durch den Sog des herabfallenden Wassers entsteht. Aber bei 30°C hält man es an so einem Ort sehr gut aus.

Im Anschluss wollten wir eigentlich noch einen Zoo besuchen. Aber die hiesige Tradition, dem Touristen auch entfernteste Winkel des Landes zu zeigen, indem man das Aufstellen von Wegweisern vermeidet, hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

So verbrachten wir den Rest des Tages mit Lesen, Spielen, Ausruhen.

Am 27.02. war unser Ziel die Observatory Lodge unmittelbar am Fuße des Vulkans Arenal. Auf dem Weg dort hin hatten wir zunächst einige Kilometer Autobahn zu bewältigen. Ich schreibe: bewältigen. Denn abgesehen von einigen Schotterpisten sind die sonstigen Straßen in recht gutem Zustand. Sie wurden teilweise so oft asphaltiert, dass die Ränder steil ins Nichts abfallen, was nicht ungefährlich ist. Auf den Autobahnen jedoch ist die rechte Fahrspur eigentlich unpassierbar, weil extrem wellig. Dem klapprigen Daihatsu Terreno traue ich nicht viel zu. Ob das unangenehme Fahrgefühl an der extrem schwammigen Lenkung oder der zerfahrenen Straße liegt, weiß ich noch nicht. Die Folge dieses Zustandes ist, dass LKWs grundsätzlich auf der Überholspur fahren, so dass ausschließlich rechts – auf dem gefährlicheren Teil der Piste – überholt wird.

Abseits der Autobahn ist die Landschaft sehr schön. Kleine Dörfchen, alle Häuser gut in Schuss, kleine Felder und Gärten in einer hügeligen Landschaft, die in vielen Serpentinen durchquert wird.

In der Nähe von La Fortuna trafen wir direkt an unserer Straße auf eine Canopy-Station. Wie sich herausstellte, die längste Canopy-Bahn des Landes. Wir machten Pause und entschlossen uns spontan zu diesem interessanten Abenteuer. Helm, Beckengurt, Handschuhe und eine ausführliche Sicherheitsbelehrung – dann ging es los.
800 m durch die Wipfel riesiger Bäume (Mahagoni), immer auf Seilbahnen, über Hängebrücken oder mit kurzen Fußwegen zwischen den Stationen. Man hängt an einer Rolle im Karabinerhaken und surrt über die zwischen den Bäumen gespannten Stahlseile, etwa 10 bis 30 m über dem Boden. Begleitet wurden unsere kleine Gruppe – mit uns war eine dreiköpfige Hispano-Familie aus den USA – von drei Guides, die nicht nur Simon auf den Schoß nahmen, sondern auch unterwegs viel erklärten. Höhepunkt war eine Art Tarzan-Schaukel mit einem 48 m langen Stahlseil, an der man in einem gigantischen Bogen – Flugzeit für eine Strecke ca. 2 Sekunde – über ein breites Tal geschleudert wurde. Das war Simon dann doch zu heftig, aber ansonsten hat er diesen Test auf Höhenangst bravourös bestanden. Die Bäume, durch die wir hangelten, waren zum Teil bis zu 250 Jahre alt. Es gab auch 100 Jahre alte Lianenstränge zu bewundern und wir sahen – glücklicher Zufall – ein Exemplar der größten Schmetterlingsart des Landes, den blauen Morpho (morpho amathonte) mit 15 cm Flügelspannweite. Da waren selbst die einheimischen Begleiter fasziniert. Für die ganze Strecke haben wir übrigens drei Stunden gebraucht, was auch durch die strengen Sicherheitsbestimmungen und das ständige An- und Abseilen verursacht wurde. Wir waren jedenfalls alle drei begeistert.


Gegen Nachmittag erreichten wir die Observatory Lodge im Nationalpark an dem aktiven Arenal-Vulkan, wo Claudia per Internet vor einem halben Jahr ein Zimmer reserviert hatte. Den „Familientrakt“ mit Gemeinschaftsbädern – alles im Top-Zustand – hatten wir ganz für uns allein. Viel Platz zum Spielen für Simon. Von unserem Zimmer haben wir durch riesige Glasfenster – wenn die Wolken es zulassen – einen großartigen Blick auf den Vulkan. Von der Terrasse aus gibt es einen Fernblick auf den Arenal-Stausee. Die Lodge geht zurück auf ein 1968 nach dem letzten großen Vulkanausbruch (78 Tote) errichtetes Beobachtungszentrum. Nun ist es nach einigen Erweiterungsbauten ein erstklassiges, gut in die Landschaft eingepasstes Hotel mit Zimmern unterschiedlicher Preiskategorien.

Ich saß den Rest des Tages auf der Terrasse und genoss einfach nur den Blick in die Landschaft, ab und zu erwischte ich mit dem Teleobjektiv interessante Vögel.
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Mit Einbruch der Dämmerung nahmen wir ein Bad in einem Yakuzzi (Simon und ich sagen immer Eierkocher zu den Dingern). Warmer entspannender Sprudel und groß genug für Simons Schwimmübungen. Dann ein wunderbares Abendessen im Restaurant.

Simon habe ich noch schön verscheißert, indem ich ihm einredete, ich hätte an der Rezeption für 10 Dollar einen kleinen Vulkanausbruch bestellt. Da hat er den ganzen Abend ängstlich gegrübelt, ob das wohl funktionieren könne. Und obwohl Claudia versicherte, dass ich ihm einen Bären aufbinden will, nagten die Zweifel in ihm, so dass er vorschlug, spätestens am nächsten Morgen abzureisen. Erst als ich sagte, ich hätte den Vulkanausbruch mit Vanillesoße und Schlagsahne bestellt, wich seine Beklemmung.

In der Nacht prasselte in mehreren Schüben ein gigantischer Regenguss auf das Dach unseres Bungalows. Diese Platzregen hielten dann den ganzen restlichen Tag an. Das hinderte uns jedoch nicht daran, heute früh eine schöne geführte Wanderung durch den Regenwald zu machen. Begleitet wurden wir von einem Ranger mit einem gigantischen Fernglas auf Stativ, der einen Blick für seltene Vögel hatte. Der Weg selbst war allerdings über weite Strecken betoniert und – wie peinlich – zurück ging es auf dem Anhänger eines Traktors.

Unser Quartier ist eine schwierige Balance zwischen einem behutsamen Tourismus mit begrenzter Zimmerzahl und Mülltrennung (!) einerseits und den Bedürfnissen behäbiger amerikanischer Touristen andererseits. So werden an der Terrasse des Restaurants die Papageien mit Fütterungen angelockt, der Nasenbär ernährt sich längst ausschließlich von Toastbrot.
Am 28.02. haben wir eine geführte Wanderung durch das riesige Gelände der Lodge gemacht. Das war schon beeindruckend, wo unser Begleiter plötzlich den Baumkronen Vögel sah, die wir nicht einmal hörten. Interessante Information am Rande: Costa Rica ist nicht nur dabei, die Küsten und die landschaftlichen High-lights mit Hotels zuzubetonieren, auch die Flüsse werden überall gestaut und wirtschaftlich genutzt. Der so gewonnene Strom wird überwiegend in die Nachbarländer exportiert. Bereits 75 % der Flüsse sind verschmutzt und/oder verbaut.

Der 1. März bescherte uns den zweiten Tag mit strömendem Regen. Auch wenn es draußen sehr warm ist, kann das nerven. In einer glücklich erwischten Regenpause am Vormittag machten wir eine vierstündige Wanderung zum alten Lavastrom. Die erstarrte Lava, die wie der gezackte Rücken eines Drachen in der Landschaft liegt, darf man leider nur aus gehöriger Distanz ansehen. Einmal kurz vernahmen wir das Grummeln des Vulkans, das hört sich an wie Gewitterdonner, sehen konnten wir wiederum kaum etwas, denn der Gipfel war in schwarze Regenwolken gehüllt. Am Nachmittag haben wir uns ausgeruht, Wäsche gewaschen, Simon hat gespielt. Und am Abend hat er nach langer Zeit mal wieder eher geschlafen als seine Eltern.

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